4. mietrechtliche Klauselentscheidung

Eine weitere grundsätzliche mietrechtliche Entscheidung des OGH behandelt unter anderm die Frage der Endrenovierung bei Rückstellung des Mietgegenstandes. Der Schwerpunkt der Prüfung der Zulässigkeit von Vertragsklauseln verlagert sich vom Konsumentenschutz zur allgemeinen Sittenwidrigkeit. Endgültige Klarheit wurde aber nicht geschaffen!

Vor kurzem wurde die vierte mietrechtliche Klauselentscheidung des OGH veröffentlicht (OGH 22. 12. 2010,2 Ob 73/10 i.)

Schon die bisherigen 3 Klauselentscheidungen haben viel Staub aufgewirbelt. Bekannt wurde in den Medien vor allem, dass die Überwälzung von Erhaltungspflichten, wie beispielsweise das Ausmalen bei Ende des Mietverhältnisses, nicht zulässig seien. Auch an dieser Stelle (vom Gänseblümchenzupfen im Mietrecht) wurde schon über eine der früheren Klauselentscheidungen berichtet.

In den vorangegangenen drei Entscheidungen lag der Schwerpunkt der Argumentation des OGH auf den Regeln des Konsumentenschutzgesetzes einerseits, des Mietrechtsgesetzes andererseits. Dies hatte zur Folge, dass in jedem einzelnen Fall für die Beurteilung der Zulässigkeit bestimmter Regeln im Mietvertrag geprüft werden musste, ob ein unternehmerischer Vermieter einem Verbraucher im Sinne des Konsumentenschutzrechtes gegenübersteht oder nicht und ob das Mietrechtsgesetz auf den Vertrag zur Gänze oder nur zum Teil anwendbar ist.

In der nun vorliegenden vierten Entscheidung legt der Oberste Gerichtshof hingegen den Schwerpunkt seiner Argumentation auf die Überprüfung der Sittenwidrigkeit von Nebenabreden in Vertragsformularen nach § 879 ABGB. Nach § 879 Abs. 3 ABGB sind nämlich Vertragsbestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern nichtig, wenn sie nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegen und unter Berücksichtigung aller Umstände einen Teil gröblich benachteiligen.

Konnte man also bisher davon ausgehen, dass außerhalb des Konsumentenschutzbereiches, also beispielsweise bei gewerblichen Vermietungen b2b oder auch bei der Vermietung von Wohnungen durch nichtgewerbliche Vermieter, auch weiterhin beispielsweise die Festlegung einer Ausmalpflicht bei Rückstellung des Mietobjektes zulässig ist, muss dies nun im Lichte der jüngsten Entscheidung neu überdacht werden.

Es wird nun im Einzelfall vor allem zu überprüfen sein, ob ein Vertragstext, in welchem beispielsweise eine Erhaltungspflicht des Mieters über den gesetzlichen Rahmen hinaus festgelegt wurde, als Vertragsformblatt angesehen anzusehen ist oder ob es sich um eine im einzelnen ausgehandelte Bestimmung handelt. Im letzteren Fall ist eine Beurteilung als sittenwidrig nach 879 Abs. 3 eben nicht möglich, weil diese Überprüfung auf Nichtigkeit sich auf Nebenbestimmungen in Vertragsformblättern oder Formularverträgen beschränkt.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung zur Frage, ob es sich um eine im einzelnen ausgehandelte Klausel oder um eine Bestimmung in einem Vertragsformular handelt, sehr streng ist. Auch ein von einem professionellen Vertragserrichter für den Einzelfall verfasster Vertragstext kann als Vertragsformular angesehen werden, wenn dieser Text beispielsweise den Mieter vorgelegt wird, ohne dass dieser ernsthaft die Möglichkeit zur inhaltlichen Gestaltung hat.

Gegenstand der 4. Klauselentscheidung waren neben Bestimmungen über die Überwälzung der Erhaltungspflicht vom Vermieter auf den Mieter und die Verpflichtung des Mieters zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes bei Rückstellung des Mietobjektes auch Klauseln über ein generelles Verbot der Tierhaltung im Bestandobjekt. Dazu hat der OGH ausgeführt, dass ein solches generelles Tierhaltungsverbot einer Überprüfung nach § 879 Abs. 3 ABGB nicht standhält und als nichtig und daher unwirksam anzusehen ist, weil es beispielsweise auch Fälle wie das Halten von Zierfischen in Aquarien umfasst, in welchem Fall der Vermieter aber nicht in irgendeiner Weise ernstlich beeinträchtigt ist.

Zulässig dürfte nach dieser Entscheidung allerdings ein Verbot der Haltung von Hunden oder Katzen im Mietobjekt sein.

Auch nach dieser 4. Klauselentscheidung, die aufgrund der Klage eines Verbraucherschutzverbandes ergangen ist, bleibt für die Zukunft viel Spielraum für richterliche Gestaltungen. Viele Detailfragen sind nach wie vor unklar. Bisher nicht wirklich begründet wurde beispielsweise, warum eine Verpflichtung eines Mieters, das Mietobjekt bei Rückstellung wieder auszumalen, gröblich benachteiligend ist.

Man darf gespannt sein, in welche Richtung sich das Mietrecht in diesem Bereich weiter entwickeln wird.

10.06.2011
Dr. Michael Gärtner