Schriftform für Schuldbeitritt

Nach dem ABGB ist für die Wirksamkeit der Bürgschaft die Schriftform erforderlich, nicht aber für den Schuldbeitritt. Das führte zu schwierigen Problemen der Abgrenzung. Nun hat der OGH in Ablehung der bisherigen Rechtsprechung judiziert, dass eine Gleichbehandlung von Schuldbeitritt und Bürgschaft geboten sei, weshalb auch der Schuldbeitritt nur schriftlich wirksam ist. Das gilt aber nicht uneingeschränkt!

Das ABGB verlangt für die Bürgschaft ausdrücklich die Schriftform, nicht aber für den Schuldbeitritt. Das hat in der Praxis häufig zu heiklen Abgrenzungsproblemen geführt, weil die Wirksamkeit einer mündlichen Haftungserklärung davon abhängig war, ob es sich um eine Bürgschaft oder um einen Schuldbeitritt, also die Begründung einer eigenen unmittelbaren Verpflichtung dem Gläubiger gegenüber, gehandelt hat. Diese Problematik hat schon seit langem zu Stellungnahmen namhafter juristischer Wissenschafter geführt, dass eine analoge Anwendung des Schriftformgebotes auch auf den Schuldbeitritt erforderlich sei, sofern der Zweck des Schuldbeitrittes die Bekräftigung einer eigentlich fremden Schuld sei. Der Oberste Gerichtshof hat eine solche Analogie bisher stets abgelehnt.

Nun hat sich der OGH in seiner Entscheidung vom 20.4.2010 4Ob205/09i aber in aussdrücklicher Abkehr von der bisherigen Postition dieser Lehrmeinung angeschlossen und auch für einen eindeutigen Fall eines Schuldbeitrittes die Schriftformt als Wirksamkeitsvoraussetzung gefordert. Begründet wird dies unter anderem mit einem Hinweis auf die Gleichbehandlung von Schuldbeitritt, Bürgschaft und Garantie in § 25c KSchG; diese Gleichbehandlung sei aber auch ausserhalb des Verbrauchergeschäftes geboten, sofern der Zweck des Rechtsgeschäftes die Bekräftigung bzw. Besicherung einer wirtschaftlich fremden Schuld sei.

Nicht jeder Schuldbeitritt unterliegt daher dem Schriftlichkeitsgebot: Die Schriftform wird vielmehr nur dann gefordert, wenn ein Beitritt zu einer materiell fremden Schuld erklärt wird. Das entscheidende Prüfkriterium dafür sol sein, ob der Beitretende im Fall seiner Inanspruchnahme seitens des Gläubigers gegen den „Hauptschuldner“ Anspruch auf Rückersatz hat.

Für den echten Schuldbeitritt im Sinne der Begründung einer echten Mitschuld gilt hingegen weiterhin die Formfreiheit.

10.12.2010
Dr. Michael Gärtner