Für Eigentümer eines Hauses oder einer Wohnung stellt sich früher oder später die Frage, ob die Immobilie(n) bereits zu Lebzeiten an die nächste Generation übertragen wird. Eine baldige Übergabe bringt einige Vorteile – auch aus steuerlicher Sicht.
Die Frage, ob Immobilien bereits vor dem Tod übertragen werden, ist kein angenehmes Thema, schließlich wird dadurch die eigene Sterblichkeit verdeutlicht. Dennoch empfiehlt es sich, über diese Frage nachzudenken. Durch eine rechtzeitige Regelung und Vermögensaufteilung kann belastenden Streitigkeiten in der Familie oftmals vorgebeugt werden.
Ein Vorteil die Immobilie gleich an die nächste Generation zu schenken, besteht darin, dass von den Eltern selbst festgelegt werden kann, welches Kind das Haus bekommt. Oftmals wird bei einem gemeinsamen Gespräch deutlich, dass nur ein Kind an der Übernahme des Hauses ein Interesse hat. Für ein anderes Kind kann es wichtiger sein, gleich einen Geldbetrag etwa für den eigenen Hausbau zu erhalten. Bei einer sofortigen Zahlung wird oft ein geringerer Betrag akzeptiert. Wenn die Vermögensaufteilung gemeinsam besprochen wird, während die ältere Generation noch am Leben ist, kann häufig eine für alle Beteiligten passende Lösung gefunden werden. In einem Verlassenschaftsverfahren nach dem Tod des Eigentümers könnte das schwerer werden.
Wenn vorab keine Regelung getroffen wurde, erben die Kinder grundsätzlich alle gemeinsam das Haus. Dadurch kann es zu Streitigkeiten bei der Frage kommen, ob das Haus verkauft wird oder nicht. Falls ein Kind im Haus leben möchte, kann es sich möglicherweise eine Auszahlung an die Geschwister nicht leisten, weshalb das Haus verkauft werden muss. Solchen Situationen kann durch eine vertragliche Regelung vorgebeugt werden. Ein Kind kann etwa gleich eine Geldzahlung bekommen, wenn es im Ausgleich auf den Pflichtteil verzichtet. Beim Pflichtteilsanspruch handelt es sich um jenen Anteil am Erbe, der jedem Kind zusteht und nur in wenigen Fällen vom Elternteil verweigert werden kann. Jedoch kann das Kind von sich aus darauf verzichten. Mit weiteren Regelungen kann sichergestellt werden, dass ein Kind das Haus bekommt und die Geschwister nicht auszahlen muss.
Die Schenkung von Vermögenswerten bietet einen weiterenn Vorteil: In der Praxis ist zu beobachten, dass manchmal Testamente des Verstorbenen auftauchen, die erst kurz vor dem Tod erstellt wurden. Dabei könnte sich die Frage stellen, ob dem Verstorbenen noch bewusst war, was er tat. Solche Fragen können zu langen und kostenintensiven Gerichtsverfahren führen. Wenn die Aufteilung der wesentlichen Vermögenswerte bereits vor dem Tod erfolgte, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass fragwürdige Testamente auftauchen.
Zudem kann eine zeitnahe Schenkung steuerlich von Vorteil sein. Derzeit gibt es in Österreich keine Erbschafts- und Schenkungssteuer, allerdings wird die Einführung solcher Steuern immer wieder diskutiert. Wenn die Vermögenswerte gleich den Kindern geschenkt werden, kann man wegen der möglichen Einfuhr einer Erbschaftssteuer entspannter sein. Es sollte nicht darauf vertraut werden, dass derzeit die Einfuhr einer Erbschaftssteuer nicht absehbar ist. Schließlich kann niemand gewährleisten, dass man bis zum Tod geistig dazu in der Lage ist, einen Schenkungsvertrag abzuschließen.
Zudem ist aus steuerlicher Sicht die Übertragung von Immobilien aktuell relativ günstig. Bei der Berechnung der Grunderwerbssteuer kommt bei Schenkungen derzeit ein Stufentarif zur Anwendung. Für die ersten EUR 250.000 beträgt der Steuersatz lediglich 0,5 % statt 3,5 %. Zudem wird bei einer Schenkung nicht der Verkehrswert der Liegenschaft als Grundlage herangezogen, sondern der sogenannte Grundstückswert, der meist unter dem Verkehrswert liegt. Innerhalb der Familie greift die privilegierte Berechnung auch, wenn das Kind einen – meist geringen – Kaufpreis für die Immobilie an die Eltern zahlt. Sollten in Zukunft die Sätze der Grunderwerbssteuer angehoben werden, würde damit auch das Schenken und Vererben von Immobilien teurer werden.
Folglich gibt es einige Punkte, die für eine frühzeitig Schenkung von wesentlichen Vermögenswerten an die nächste Generation sprechen. Jedoch stellt sich die Frage, welche Rechte die Eltern noch haben, wenn etwa das Haus an die Kinder übertragen wurde. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Eltern/den Geschenkgebern im Schenkungsvertrag bestimmte Rechte zu gewähren.
Wenn die Eltern im Haus wohnen, ist es meist sinnvoll, die Übertragung der Liegenschaft mit einem Wohnrecht und einem Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten der Eltern zu verbinden. Diese Rechte können zwischen nahen Angehörigen im Grundbuch eingetragen werden und wirken damit auch gegenüber Dritten. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die Eltern weiter im Haus wohnen können und es gegen ihren Willen nicht verkauft wird oder das Haus als Sicherheit bei einem Kredit hinterlegt wird.
Gleichzeitig sollte man sich im Zuge der Schenkung des Hauses überlegen, wer die Kosten etwa für eine notwendige Dachsanierung oder den Austausch der Fenster übernimmt. Außerdem gibt es laufende Kosten wie die Grundsteuer, zu denen eine Regelung getroffen werden sollte. All diese Aspekte sind im Rahmen der Errichtung eines Vertrages zur Schenkung der Liegenschaft zu berücksichtigen.
Bei vermieteten Immobilien kann die Übertragung zu Lebzeiten auch sinnvoll sein. Im Zuge der Schenkung kann sich das Elternteil ein Fruchtgenussrecht vorbehalten. Damit hat es weiterhin einen Anspruch auf die Zahlung der laufenden Mieteinnahmen. In diesem Fall ist jedoch bei der Vertragserrichtung besondere Aufmerksamkeit auf die Geltendmachung der Absetzung für Abnutzung (AfA) zu richten, da der Anspruch gegenüber dem Finanzamt verloren gehen könnte.
Bei der Übertragung einer Immobilie an die nächste Generation sind viele Aspekte zu berücksichtigen. Aufwendige und psychisch belastende Gerichtsverfahren können durch eine rechtzeitige Regelung der Vermögensnachfolge häufig vermieden werden. Um die richtige Variante für Sie zu finden, bedarf es einer individuellen rechtlichen Beratung, um einen maßgeschneiderten Vertrag für Sie zu erstellen.
29.03.2024
Dr. Sarah Korn