Dass die Grunderwerbsteuerberechnung ab 1.1.2016 neu geregelt wird und in vielen Fällen unentgeltlicher Übertragungen zu einer emfpindlichen Verteuerung führen wird, ist schon länger bekannt und hat zu einem regelrechten Boom an (vorgezogenen) familiären Schenkungen und Übergaben geführt. Die Verordnung zur Ermittlung der Grunderwerbsteuer neu wurde nun – gerade noch rechtzeitig – am 21.12.2015 im Bundesgesetzblatt verlautbart. Den Vertragserrichtern wird erheblicher Zusatzaufwand zur Ermittlung der Berechnungsgrundlagen aufgebürdet. Die Republik beschränkt sich darauf, den Eingang der Grunderwerbsteuer zu verbuchen.
Der Hype der Liegenschaftsübertragungen im Familienverband ist beendet, die neuen Vorschriften zur Berechnung der Grunderwerbsteuer bei unentgeltlichen Übertragungen von Liegenschaften sind in Kraft. Immerhin schon am 21. Dezember 2015 (!) wurde nun auch die Grundstückswertverordnung im Bundesgesetzblatt kundgemacht, damit sich die Rechtsanwender auch ordentlich auf das völlig neue Berechnungsmodell ab 1.1.2016 vorbereiten konnten.
Mit geradezu atemberaubender Geschwindigkeit waren ja die einschlägigen Vorschriften in den letzten Jahren mehrfach zum Teil umfassend neu geregelt worden. Nun ist also wieder (fast) alles anders:
Während bei entgeltlichen Liegenschaftsübertragungen auch weiterhin die Gegenleistung Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbsteuer ist und auch der Steuersatz von 3,5 % unverändert bleibt; während es weiterhin für bestimmte Erwerbsvorgänge an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken die Anknüpfung an den Einheitswert und den begünstigten Steuersatz von 2 % gibt, wird für unentgeltliche Erwerbe (und auch für Vorgänge nach dem Umgründungssteuergesetz und einige andere im GrEStG angeführten Vorgänge) der Grundstückswert als neue Bemessungsgrundlage eingeführt. Zu beachten ist dabei, dass Übertragungen im Familienverband ab heuer (2016) immer als unentgeltliche Rechtsgeschäfte anzusehen sind, auch wenn eine Gegenleistung erbracht wird. Der Grundstückswert ist aber auch bei entgeltlichen Vorgängen die Mindestbemessungsgrundlage. Es kann daher auch bei niedrigen Kaufpreisen nötig sein, den Grundstückswert zu ermitteln.
Die Grundstückswertverordnung regelt nun näher, wie dieser Grundstückswert zu ermitteln ist. Die Verordnung sieht zwei Methoden der Berechnung vor, einerseits das sogenannte Pauschalwertmodell, andererseits die Ermittlung anhand eines geeigneten Immobilienpreisspiegel. Die Methode kann frei gewählt werden, sodass zumeist in der Praxis beide Berechnungen vorzunehmen sein werden, um das steuerlich günstigere Ergebnis zu ermitteln.
Die Ermittlung nach dem Immobilienpreisspiegel ist für das Jahr 2016 nach dem zuletzt veröffentlichten Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftskammer Österreich vorzunehmen. Ab 1.1.2017 wird die Bundesanstalt Statistik Österreich Immobilien-Durchschnittspreise veröffentlichen, die dann ausschließlich herangezogen werden müssen. Von dem anhand des Immobilienpreisspiegels ermittelten Wert sind 71,25 % als Grundstückswert anzusetzen.
Das Pauschalwertmodell zerlegt die Ermittlung des Grundstückswertes in die Ermittlung des Grundwertes einerseits, des Gebäudewertes andererseits, wobei je nach Art des Objektes der Übertragung nur der Grundwert, nur der Gebäudewertes oder beides in Summe anzusetzen ist.
Beim Grundwert ist von dem finanzbehördlich festgestellten Bodenwert pro Quadratmeter auszugehen. Weil diese Bodenwerte von den tatsächlichen Verkehrswerten je nach Lage in unterschiedlicher Weise abweichen, ist in einem Anhang zur Grundstückswert Verordnung für jede österreichische Gemeinde und für die Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern für einzelne Gemeindegebiete ein unterschiedlicher Hochrechnungsfaktor festgesetzt worden.
Der Grundwert ist nun der dreifache Bodenwert, multipliziert mit dem Hochrechnungsfaktor der jeweiligen Gemeinde, multipliziert mit der Grundstücksfläche.
Der Gebäudewert ist aus der Nutzfläche, hilfsweise aus der um 30 % gekürzten Bruttogrundrissfläche durch Multiplikation mit einem Baukostenfaktor zu ermitteln, der für jedes Bundesland festgelegt ist und zwischen € 1270 (Burgenland) und € 1670 (Vorarlberg) beträgt. Je nach Art des Gebäudes ist der so ermittelte Betrag zu 100 % (Wohngebäude, für die kein Richtwert oder Kategoriemietzins gilt), zu 60 % bei Fabriksgebäuden und Werkstätten, zu 25 % bei einfachsten Gebäuden (Glashäuser, Schrebergartenhäuser) und sonst zu 71,25 % anzusetzen.
Zuletzt sind noch das Alter und der Sanierungszustand des Gebäudes zu berücksichtigen, wobei je nach Alter bzw. Generalsanierung oder Teilsanierung innerhalb bestimmter Zeit von dem zuvor ermittelten Wert 100 %, 80 %, 65 % oder 30 % angesetzt werden müssen. Aufgrund dieser Regelungen kann unter Umständen eineinziges nachträglich saniertes oder nicht saniertes Fenster in einem Haus den Ausschlag dafür geben, ob 100 oder 80 oder 65 % des zunächst errechneten Wertes als Gebäudewert in die Rechnung eingehen.
Neu ab 1.1.2016 sind auch die gestaffelten Steuersätze von 0,5 % für die ersten € 250.000, 2 % für weitere 150.000 und 3,5 % für den € 400.000 übersteigenden Teil der zuvor mühsam
ermittelten Bemessungsgrundlage. Aus dieser Staffelung ergibt sich auch, dass die runderwerbsteuer bei Schenkungen weniger werthaltiger Immobilien trotz der höheren
Bemessungsgrundlage niedriger sein wird, als sie bei Schenkungen im Vorjahr gewesen
wäre.
Zur Ermittlung des Grundstückswertes sind also zahlreiche Rechenvorgängen und Kontrollrechnungen erforderlich, die auch eine Ermittlung des relevanten Sachverhaltes voraussetzen.
Alle diese Aufgaben sind im wesentlichen den Vertragserrichtern überantwortet, die im Wege der Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer über Finanz online alle relevanten Daten elektronisch dem Finanzamt melden und daher auch zuvor ermitteln müssen. Die Vertragserrichter haben auch für die ordnungsgemäße Abfuhr der selbst berechneten Grunderwerbsteuer und auch der gerichtlichen Eintragungsgebühr zu sorgen und haften den Finanzbehörden für den Eingang. Durch die Neuregelungen im Grunderwerbsteuerrecht wird den Vertragserrichtern somit ein durchaus erheblicher Mehraufwand an Arbeit auferlegt.
Da sich Fehler bei der Berechnung der Grunderwerbsteuer empfindlich nachteilig auswirken können, ist jedermann gut beraten, bei der Auswahl des Errichters eines Kauf-, Schenkungs- oder Übergabsvertrages entsprechend Vorsicht zu üben.
19.01.2016
Dr. Michael Gärtner