Klauselentscheidung „die Fünfte“

Das Neueste zur Endrenovierung. Mietvertragsklauseln über die Endrenovierung sind Nebenbestimmungen und unterliegen der Sittenwidrigkeitskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB.

Vor kurzem wurde wieder eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Wirksamkeit bzw Unwirksamkeit verschiedener Mietvertragsklauseln veröffentlicht. Mit dieser sogenannten 5. Klausel-Entscheidung (2Ob 215/10 x vom 27. Februar 2012) wurde nun zur Frage der Endrenovierung (Ausmalverpflichtung) bei Beendigung des Mietverhältnisses wohl ein gewisser Endpunkt gesetzt.

Aufgrund einer Klage der Arbeiterkammer gegen den größten privaten Hausverwalter Österreichs musste sich der OGH ein weiteres Mal mit zahlreichen Mietvertragsklauseln in Standardverträgen befassen. Obwohl die Zulässigkeit dieser Klage auf einer Bestimmung des Konsumentenschutzgesetzes beruht, sind die Aussagen dieser Entscheidung auch außerhalb der Vertragsbeziehungen zwischen Unternehmern und Verbrauchern, also beispielsweise bei Mietverträgen zwischen Privatpersonen, aber auch bei gewerblichen Vermietungen relevant. In dieser jüngsten Klauselentscheidung setzt das Höchstgericht die schon in der 4. Klauselentscheidung angewendete Argumentation konsequent fort. Die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einzelner Mietvertragsklauseln wird nicht mehr nach konsumentenschutzrechtlichen Gesichtspunkten, sondern unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit nach allgemeinem bürgerlichen Gesetzbuch (§ 879 Abs 3 ABGB) beurteilt.

Die Entscheidung des Höchstgerichtes ist sehr umfangreich und schwer zu lesen, weil sie sich auf über 120 Seiten auch mit zahlreichen prozessrechtlichen Fragen befasst, die die Allgemeinheit wohl weniger interessieren dürften. Von großer Bedeutung sind aber insbesondere die Aussagen zur Endrenovierung (Ausmalverpflichtung), aber auch zur Vereinbarung einer Konventionalstrafe für den Fall der verspäteten Rückstellung des Mietobjektes.

Zur Endrenovierung stellt der OGH zunächst klar, dass derartige Klauseln nicht die Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 1096 ABGB betreffen, sondern es sich um eine Verpflichtung zu einer einmaligen geldwerten Leistung am Ende der Bestandszeit handelt. Aus diesem Grund ist die in früheren Entscheidungen fallweise herangezogene Argumentation mit dem Verbot eines Gewährleistungsausschlusses nach Konsumentenschutzgesetz verfehlt.

Zu überprüfen ist aber eine solche Klausel nach den Kriterien des § 879 Abs. 3 ABGB. Nach dieser Bestimmung sind die in Vertragsformblättern enthaltenen Regeln, die eine Vertragspartei einseitig benachteiligen, unwirksam, soweit sie nicht eine der Hauptleistungen betreffen.

Der OGH stellt fest, dass die Endrenovierungsverpflichtung nicht die Hauptleistung betrifft, sondern als Nebenbestimmung anzusehen ist und daher der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs. 3 ABGB unterliegt.

Nach ständiger Rechtsprechung muss dem Gesetz entsprechend der Mieter nicht für die durch den vertragsgemäßen Gebrauch bewirkte Abnutzung einstehen. Dieser Abnutzung steht ja auf Seiten des Vermieters das Mietentgelt gegenüber. Soweit daher bloß gewöhnliche Abnützung vorliegt, ist der Mieter nach dem Gesetz nicht zur Neuausmalung oder zur Erneuerung vom Fußböden verpflichtet. Eine darauf gerichtete Vereinbarung ist daher gröblich benachteiligend, wenn es für sie keine sachliche Rechtfertigung gibt.

In der konkreten Entscheidung hält der Oberste Gerichtshof eine Klausel, wonach der Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses das Mietobjekt „ordnungsgemäß“ in weißer Farbe ausgemalt zurückzustellen hat, für gröblich benachteiligend und daher sittenwidrig und unwirksam. Diese Klausel könne so verstanden werden, dass der Mieter auch dann zum Neuausmalen verpflichtet ist, wenn er das Mietobjekt nicht frisch ausgemalt übernommen hat und dass auch die durch die gewöhnliche Abnützung auftretenden Gebrauchsspuren beseitigt werden müssen. Dies ist für den Mieter einseitig benachteiligend.

Hingegen hält eine in derselben Entscheidung geprüfte Klausel, wonach sich der Mieter verpflichtet, bei Beendigung des Mietverhältnisses den Zustand der Oberflächenbeläge „wie bei Anmietung unter Berücksichtigung der bei schonenden vertragskonformen Gebrauch sich ergebenden Abnutzung“ herzustellen, der Inhaltskontrolle im Sinne des § 879 Abs. 3 ABGB stand. Diese Klausel könne nur so verstanden werden, dass der Mieter nur eine vom gewöhnlichen Gebrauch unabhängige Verschlechterung des Zustandes der Oberflächenbeläge beseitigen muss.

Wesentlich ist, dass diese Ausführungen grundsätzlich für alle Mietverhältnisse relevant sind, egal, ob der Vertrag zur Gänze, zum Teil, oder gar nicht dem Mietrechtsgesetz unterliegt.

Sehr interessant sind auch die Ausführungen des OGH zu einer in den geprüften Verträgen enthaltenen Konventionalstrafe. Konkret hat sich der Mieter zur Zahlung einer Konventionalstrafe in der Höhe von immerhin 3 Bruttomonatsmieten für den Fall der verspäteten Rückstellung verpflichtet, sofern den Mieter daran ein Verschulden trifft. Diese Klausel hält nach Auffassung des OGH der Überprüfung stand und ist daher zulässig. Dass auf die Möglichkeit einer richterlichen Mäßigung in der Klausel nicht hingewiesen wird, schadet nicht.

Die Aussagen dieser 5. Klauselentscheidung führen zu der Schlussfolgerung, dass es auf die Details der Formulierung sehr wohl ankommt. Ein umsichtiger Vermieter ist daher gut beraten, jedenfalls vor Abschluss eines Mietvertrages einen kompetenten Rechtsanwalt beizuziehen und sich keinesfalls auf vorgefertigte Formulare aus der Tabaktrafik oder auf das Abschreiben von anderen Mietverträgen zu verlassen.

29.03.2012
Dr. Michael Gärtner