Der Vermieter haftet für die Verletzungen nach einem Sturz wegen unzureichende Beleuchtung auf Allgemeinflächen im Miethaus!
Stiegenabgänge zur Tiefgarage müssen ausreichend beleuchtet sein.
Ein Fall aus der Kanzleipraxis.
In einer in unserer Kanzlei anhängigen Rechtssache hat der Oberste Gerichtshof mit seiner Entscheidung 8 OB 138/2010t vom 30.8.2011 klargestellt, dass ein Vermieter seinem Mieter haftet, wenn dieser durch mangelhafte Ausleuchtung von Außenanlagen (Stiegenabgängen) einen Schaden erleidet. Zuvor hatten immerhin sowohl das Bezirksgericht Oberndorf als auch das Landesgericht Salzburg jegliche Haftung des Vermieters verneint, weil nach deren Auffassung ein eigenes Verschulden des Mieters so schwerwiegend war, dass es jegliches Verschulden der Vermieterin verdrängt.
Diese Auffassung der beiden ersten Instanzen war durchaus überraschend, wenn man den konkreten Sachverhalt betrachtet:
Ein gemeinnütziger Wohnbauträger hat eine Mietwohnanlage (mit Fördermitteln)neu errichtet. Die Anlage umfasst auch eine Tiefgarage, die man aber nur von außen über außen liegende Stiegenabgänge betreten kann. Diese Abgänge bestehen aus in den Gehbereich bzw die Parkflächen eingelassenen, zwei Stufen tiefer als das umgebende Niveau liegenden quadratischen Podesten, von welchen Stahltreppen nach unten führen.
Im Bereich der Parkplätze und Gehwege gibt es keinerlei Außenbeleuchtung. Lediglich von den Straßenlaternen einer vorbeiführenden öffentlichen Strasse gelang etwas Licht in die betreffenden Bereiche, sofern nicht die dazwischen befindlichen Sträucher dieses Licht vollkommen abschirmen. Für die Stiegenabgänge selbst gibt es zwar eine Beleuchtung, die über Bewegungsmelder gesteuert wird. Diese Bewegungsmelder waren aber so angebracht bzw eingestellt, dass sie das Licht erst eingeschaltet haben, wenn man bereits mehrere Stufen auf der Stahltreppe nach unten gegangen ist.
Unsere Mandantin, die zuvor die Tiefgarage noch nie zur Nachtzeit von außen betreten hat und der daher diese besondere „Charakteristik“ der Beleuchtungseinrichtung nicht bekannt war, ist leider nicht so weit gekommen, dass das Licht durch die Bewegungsmelder eingeschaltet wurde, weil sie bereits zuvor beim erreichen des in den Boden eingelassenen und durch keinerlei Geländer gesicherten Podestes zu Sturz gekommen ist und sich verletzt hat.
Obwohl man eigentlich annehmen sollte, dass die Verantwortlichkeit des Vermieters unter diesen Umständen nicht in Zweifel gezogen werden kann, haben immerhin zwei Instanzen eine Haftung des Beklagten Wohnbauträger verneint. Dies verwundert umso mehr, als sich das Gericht durch Ortsaugenschein und Sachverständigengutachten nicht nur von der unzulänglichen Beleuchtungssituation Gewissheit verschafft, sondern auch festgestellt hat, dass dem Wohnbauträger die Problematik aus Beschwerden mehrerer anderer Mieter schon vor dem Vorfall bekannt war.
Dennoch ist es dem beklagten Wohnbauträger durch zwei Instanzen gelungen, die Verantwortung von sich zu weisen. Erst der Oberste Gerichtshof hat nun klargestellt, dass ein Vermieter zum Schutz seiner Mieter als Nebenpflicht aus dem Mietvertrag auch für eine sichere Erreichbarkeit der Tiefgaragen zur Nachtzeit sorgen muss und dafür auch eine zureichende Beleuchtung der Gehwege und Stiegenabgänge eingerichtet werden muss. Dies ist keinesfalls eine Überforderung oder Überspannung der Sorgfaltspflichten, wie der beklagte Wohnbauträger im Verfahren behauptet hat. Allen Ernstes hat der Bauträger der Klägerin im Verfahren auch vorgeworfen, sie hätte es verabsäumt, eine Taschenlampe mit sich zu führen!
Auch der Umstand, dass die gesamte Anlage baurechtlich abgenommen worden war, vermag an dieser Verantwortlichkeit und Haftung des Bauträgers als Vermieter nichts zu ändern.
16.12.2011
Dr. Michael Gärtner