Verschärfte Maklerpflichten bei Wohnungseigentum!

In einer jüngst veröffentlichten Entscheidung hat der OGH wieder einmal zu den Pflichten des Immobilienmaklers Stellung genommen und die Anforderungen höher geschraubt:

Bei Vermittlung eines Wohnungseigentumsobjektes insbesondere gegenüber Konsumenten wird der Makler um die Einsicht in den Wohnungseigentumsvertrag und das Nutzwertgutachten nicht herumkommen, will er nicht ein hohes Haftungsrisiko in Kauf nehmen.

Wieder einmal musste der OGH zur Aufklärungspflicht des Immobilienmaklers Stellung nehmen. In der Entscheidung 5 Ob 93/16m ging es um die Vermittlung eines Wohnungseigentumsobjektes:

Der Verkäufer einer Eigentumswohnung in einem Schloss beauftragte ein Maklerunternehmen mit der Vermittlung. Er erteilte die Information, dass zur Wohnung auch ein Tiefgaragenplatz, ein Kellerabteil sowie das Nutzungsrecht am Wellnessbereich des Schlosshotels gehören. Anlässlich einer Besichtigung wurden der Mitarbeiterin des Maklerbüros die Wohnung, aber auch der Wellnessbereich gezeigt. Im Grundbuchsauszug war allerdings ein Nutzungsrecht am Wellnessbereich nicht ersichtlich.

Das Maklerunternehmen hat die Wohnung mit einem Exposé angeboten, in welchem ausdrücklich auf das am Wellnessbereich des Schlosshotels bestehende Nutzungsrecht hingewiesen wurde. Auch in Kaufanbot wurde der Kaufgegenstand als Eigentumswohnung inklusive Tiefgaragenplatz, Kellerabteil und Nutzungsbereich am Wellnessbereich beschrieben.

Tatsächlich konnte der Wellnessbereich auch so lange genutzt werden, bis das Schlosshotel verkauft wurde. Seither ist der Zutritt zum Wellnessbereich nach Austausch eines Türschlosses versperrt. Der Voreigentümer hatte das nichtverbücherte Nutzungsrecht unentgeltlich gewährt.

Der Wohnungskäufer hat daraufhin das Maklerunternehmen auf Schadenersatz geklagt. Es wurde behauptet, dass in Kenntnis des fehlenden Nutzungsrechtes die Wohnung nicht oder jedenfalls nicht um diesen Kaufpreis gekauft worden wäre. Geltend gemacht wurde eine zumindest 20-prozentige Wertminderung der Wohnung. Das Maklerbüro hätte die Rechtsgrundlage des Nutzungsrechtes prüfen müssen. Sie hätte auch den Käufer darüber informieren müssen, dass die Information über das Nutzungsrecht lediglich vom Verkäufer stammt und nicht überprüft wurde.

Das Maklerunternehmen hat eingewandt, dass es auf die Informationen des Verkäufers vertrauen durfte und kein Anlass zu weiteren Nachforschungen bestanden hat.

Aufgrund eines im konkreten Fall widersprüchlichen und verfehlten Klagebegehrens hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Aufgrund außerordentlicher Revision hat der oberste Gerichtshof die Entscheidung aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung und Klarstellung zum Klagebegehren aufgetragen.

Aus diesem Anlass hat der Oberste Gerichtshof auch zu den Aufklärungspflichten des Maklers Stellung genommen und die bisherige Rechtsprechung insbesondere bei Vermittlung eines Wohnungseigentumsobjekts durchaus ergänzt und für den Makler verschärft:

Zunächst wird die stRspr wiederholt, dass der Makler grundsätzlich auf die Angaben des Verkäufers vertrauen darf, sofern er keine Hinweise auf mögliche Probleme hat. Er darf aber bei der Weitergabe an den Käufer schon nicht den Eindruck erwecken, dass er diese Informationen überprüft hätte.

Im konkreten Fall hätte sich der Makler aber nicht auf die Angaben des Verkäufers verlassen dürfen. Im Grundbuchsauszug ist ein Nutzungsrecht am Wellnessbereich nicht ersichtlich. Schon aus diesem Grund hätte der Makler zunächst nachfragen müssen, auf welcher Rechtsgrundlage dieses behauptete Recht besteht.

Und bei Erwerb einer Eigentumswohnung durch einen Konsumenten wird der Makler nach Auffassung des Höchstgerichtes generell den Wohnungseigentumsvertrag einsehen müssen, um den Käufer über allfällige Besonderheiten dieses Vertrages aufzuklären, bspw einen abweichenden Schlüssel für die Kostenaufteilung oder eine besondere Benützungsregelung. Der Makler soll sich auch durch Einsicht in das Grundbuch Kenntnis über den Umfang des ausschließlichen Nutzungsrechts verschaffen, also insbesondere prüfen, welche Räume und Flächen Zubehör-Wohnungseigentum sind oder aufgrund einer wirksamen Benützungsregelung nur vom Käufer der Eigentumswohnung benützt werden dürfen.

Mit dieser Aussage zur Aufklärungspflicht insbesondere beim Wohnungseigentum und im Konsumentenschutzbereich wurde die Latte für die Pflichten des Maklers deutlich höher gelegt. Tatsächlich ist es heute in der Praxis bei Vermittlung von Eigentumswohnungen kaum üblich, dass sich die Makler durch Einschau ins Grundbuch von den genauen Rechtsumständen des vermittelten Objekts vergewissern. Angesichts der vielen möglichen Probleme und Unklarheiten im Wohnungseigentum (kann ein Kellerabteil als Zubehör oder bloß aufgrund einer Benützungsvereinbarung genutzt werden; welche sonstigen Zubehörflächen bzw. nach früherem Wohnungseigentumsrecht insbesondere Kfz-Stellplätze) gehören zum Kaufobjekt; bestehen Benützungsvereinbarungen über Allgemeinflächen etc.) ist der Makler aber gut beraten, wenn er grundsätzlich und routinemäßig bei Vermittlung von Wohnungseigentumsobjekten auch den Wohnungseigentumsvertrag und das Nutzwertgutachten beischafft. Tut er das nicht, ist er der Gefahr möglicher Schadenersatzhaftungen im hohen Ausmaß ausgesetzt. Umgekehrt sollten sich auch Wohnungskäufer routinemäßig nach dem Wohnungseigentumsvertrag und dem Nutzwertgutachten erkundigen. Ebenso ist eine Nachfrage beim Verwalter nach allfälligen anstehenden größeren Erhaltungsarbeiten (Vorausschau) und dem Stand der Rücklage geboten.

Insgesamt eine durchaus vernünftige und erfreuliche Entscheidung, auch wenn sie für den Makler einen gewissen Mehraufwand bedeutet. Die Verringerung des Haftungsrisikos wiegt diesen Mehraufwand mit Sicherheit auf.

18.10.2016
Dr. Michael Gärtner