Im Zuge eines Scheidungsverfahrens kann das Gericht ein Urteil fällen, womit die Ehe aufgehoben wird. Damit ist allerdings nicht geregelt, wer die gemeinsame Wohnung bekommt oder das Aktiendepot. Dafür ist die Einleitung eines gerichtlichen Aufteilungsverfahrens erforderlich, in dem das Gericht entscheidet, wem in Zukunft die Vermögenswerte gehören und wer sie nutzen darf. Alternativ zu einem gerichtlichen Aufteilungsverfahren besteht die Möglichkeit, dass sich die bisherigen Partner darauf einigen, wer welche Vermögenswerte bekommt. Einer solchen Regelung müssen jedoch beide Partner zustimmen, wodurch eine einvernehmliche Lösung scheitern kann.
Nach dem Gesetz gilt in Österreich die Gütertrennung auch nach der Hochzeit. Jedem Partner gehören daher die Sachen, die er vor oder während der Ehe in seinem Namen gekauft hat. Hat sich ein Partner während der Ehe eine Wohnung alleine gekauft, gehört sie auch nach der Scheidung ihm alleine. Damit der andere Partner einen Teil von der Wohnung oder eine Zahlung als Ausgleich erhält, muss er die gerichtliche Aufteilung beantragen. Andernfalls bleibt die Wohnung im alleinigen Eigentum von dem, der die Wohnung im eigenen Namen gekauft hat.
Der Antrag zur Aufteilung der Wohnung muss innerhalb von einem Jahr ab der Rechtskraft des Scheidungsurteils eingereicht werden. Nach Ablauf der Frist kann noch eine Ausgleichszahlung verlangt werden. Mit der Zahlung bekommt man zwar einen finanziellen Wert, jedoch nicht die Wohnung an sich. Dafür müsste der Partner innerhalb der Jahresfrist tätig werden, danach ist es zu spät.
Bevor ein Aufteilungsverfahren eingeleitet wird, stellt sich die Frage, welche Vermögenswerte überhaupt aufgeteilt werden. Nach dem Gesetz ist das eheliche Gebrauchsvermögen und das eheliche Vermögen zu teilen. Zu ersterem gehören Haushaltsgegenstände wie die Kücheneinrichtung und die Ehewohnung. Das eheliche Vermögen bezieht sich auf Sparbücher, Häuser oder Aktien.
Im Gesetz sind einige Werte genannt, die nicht aufgeteilt werden. Das sind insbesondere Sachen, die einem Partner geschenkt wurden oder die er geerbt hat. Das Elternhaus, welches nach dem Tod der Eltern vermietet wurde, bleibt daher beim Kind. Der Ex-Partner hat darauf in der Regel keinen Anspruch. Das gleiche gilt für das Unternehmen des Partners. Damit soll verhindert werden, dass ein Unternehmen wegen einer Scheidung geschlossen werden muss. Außerdem hat der Ex-Partner grundsätzlich keinen Anspruch auf Vermögenswerte, die bereits vor der Ehe vorhanden waren. Wenn vor der Hochzeit ein Haus mit Ersparnissen gekauft wurde, hat der Partner meist kein Recht auf das Haus.
Es kommt häufig vor, dass zwei Personen über Jahre eine Lebensgemeinschaft führen und erst später heiraten. Während der Lebensgemeinschaft angeschaffte Vermögenswerte unterliegen nicht der Aufteilung, weil diese aus rechtlicher Sicht in die Ehe eingebracht wurden. Wenn vor der Hochzeit viele Jahre eine Lebensgemeinschaft bestand, ist es sinnvoll, in einer Vereinbarung festzulegen, was im Fall der Scheidung mit den während der Lebensgemeinschaft erlangten Vermögenswerten passiert.
Die Ehewohnung/das Haus, in der beide gemeinsam gewohnt haben, wird rechtlich besonders behandelt. Das Gericht hat die Möglichkeit festzulegen, dass etwa ein Partner die Wohnung vom anderen Partner mieten darf. Das gilt auch für den Fall, dass die Wohnung dem anderen Partner von den Eltern geschenkt wurde. Dadurch kann der Eigentümer der Wohnung nicht mehr frei entscheiden, was mit der Wohnung passiert. Folglich gelten für die Ehewohnung nach der Scheidung besondere Regeln.
Bei Immobilien, Sparbüchern und anderen Vermögenswerten hat das Gericht die Möglichkeit, das Eigentum dem anderen Partner zu übertragen. Dann gehört etwa eine Wohnung zukünftig nicht mehr dem, der sie gekauft hat. Es ist also möglich, dass eine Wohnung während der Ehe im Namen eines Partners gekauft wurde und nach dem Aufteilungsverfahren dem anderen Partner gehört. Das Gericht kann die Wohnung auf den anderen Partner übertragen.
Neben dem Vermögen können auch Schulden zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden, die etwa zur Instandhaltung der Ehewohnung aufgenommen wurden. Dabei ist es irrelevant, wenn nur ein Partner im Vertrag als Kreditnehmer steht. Häufig läuft der Kreditvertrag mit der Bank auf beide Partner, weshalb ohnehin beide direkt haften. In solchen Fällen kann das Gericht aussprechen, dass ein Partner nur mehr als Ausfallsbürge haftet, wenn der andere den Kredit nicht zurückzahlen kann. Eine Freilassung aus dem Kredit ist das nicht. In der Praxis ist es daher sinnvoll, mit der Bank eine Vereinbarung zu treffen, wonach eine Partei ganz aus dem Kreditvertrag entlassen wird.
Bei der Entscheidung durch das Gericht gibt es keine starren Regeln, nach denen die Aufteilung erfolgt. Das Gericht hat nach Billigkeit zu entscheiden. Dabei ist etwa zu berücksichtigen, wer das Vermögen erwirtschaftet hat und ob ein Teil mehr Zeit für die Erziehung der Kinder aufgewendet hat. Wenn die vorhandenen Vermögenswerte schwer zu teilen sind, hat das Gericht die Möglichkeit, eine Ausgleichszahlung festzusetzen. Dann muss eine Partei dem anderen eine Geldzahlung dafür leisten, dass sie mehr von den vorhandenen Vermögenswerten erhält.
Im Rahmen der Aufteilung der ehelichen Vermögenswerte sind zahlreiche Regelungen zu beachten. Die Entscheidung durch ein Gericht nach Billigkeit kann zu ungewollten Ergebnissen führen. Das Gericht kann bei seiner Entscheidung von den Anträgen der Parteien abweichen. Daher kann im Einzelfall der Abschluss einer gemeinsamen Vereinbarung für die Ex-Partner attraktiver sein kann.
Zusätzlich zur Aufteilung des Vermögens ist das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs zu prüfen und sind allenfalls Regelungen für minderjährige Kinder zu treffen. Bei einer rechtlichen Vertretung bereits vor der Scheidung können die zu regelnden Punkte umfassend besprochen werden, wodurch häufig vor Einleitung eines gerichtlichen Aufteilungsverfahrens eine sinnvolle Regelung erzielt werden kann.
06.08.2024
Dr. Sarah Korn