Die Errichtung eines Testaments ist ein wichtiges Thema, dem viele Personen zu Lebzeiten wenig Aufmerksamkeit schenken. Zum Teil wird darauf vertraut, dass sich die Erben – meist Kinder – schon einigen werden. Wenn später das Vermögens aufzuteilen ist, kann es jedoch zu erheblichen Streitigkeiten zwischen den Geschwistern kommen. Häufig wirken Dritte wie Ehepartner auf einzelne Geschwister ein, wodurch ein gemeinsames Vergehen schwieriger werden kann.
Vor der Errichtung eines Testaments sollte überlegt werden, ob die Form des Testaments im konkreten Fall die richtige Wahl ist oder bereits Vermögenswerte zu Lebzeiten übertragen werden. Eine frühere Übertragung etwa in Form einer Schenkung bietet den Vorteil, dass Fakten geschaffen werden. In der Praxis ist es leichter eine Eigentumsübertragung im Verlassenschaftsverfahren zu verhindern, als bestehende Eigentumsverhältnisse anzufechten bzw Ersatzzahlungen durchzusetzen. Dadurch sind Erben im Verlassenschaftsverfahren häufig zurückhaltender, wenn schon vor dem Tod Fakten geschaffen wurden. Zudem kommen bei einer Übertragung von Vermögenswerten auf die nächste Generation die aktuell steuerlich günstigen Regelungen zur Anwendung.
Wenn man sich gegen eine Übertragung vor dem Tod entscheidet, sollte in den meisten Fällen – vor allem wenn mehrere Erben vorhanden sind – ein Testament errichtet werden. Dadurch kann zum Teil verhindert werden, dass es zu einem Streit zwischen den Erben kommt. Beispielsweise hat der Verstorbene die Möglichkeit, bestimmte Gegenstände jeweils einem Kind zuzuweisen, wodurch sich nicht die Frage stellt, wer welche Vermögenswerte erhält. Zudem muss die Person, der man sein Vermögen vermachen möchte, nicht über ein gesetzliches Erbrecht verfügen. Beispielsweise haben Lebensgefährten nur ein sehr schwaches außerordentliches Erbrecht, das in vielen Fällen nicht zur Anwendung kommt. Selbst bei Lebensgemeinschaften die über Jahrzehnte bestehen, erben die Lebensgefährten erst, wenn keine Verwandten auffindbar sind. Wenn man den überlebenden Partner finanziell absichern möchte, ist es daher notwendig, ihr oder ihm im Testament etwas zukommen zu lassen.
Darüber hinaus kann ein Testament ein wichtiger Beweis für zu Lebzeiten geleistete Schenkungen an einzelne Kinder sein. Jedes Kind kann bei der Berechnung der Höhe des Pflichtteils – abgesehen von bestimmten Ausnahmen – verlangen, dass Schenkungen, die andere Kinder bereits vor dem Tod erhalten haben, angerechnet werden. Im Nachhinein ist es oft schwer zu beweisen, wer wann welche Zahlungen oder sonstige Vermögenswerte erhalten hat. Eine Anrechnung kann daher in der Praxis daran scheitern, dass die Schenkung nicht nachgewiesen werden kann. Wenn im Testament steht, dass eine bestimmte Zahlung an ein Kind geleistet wurde, erleichtert das den Nachweis der Zahlung erheblich.
Wenn Sie sich dazu entscheiden, ein Testament zu verfassen, stellt sich die Frage, wie das Testament erstellt wird. Grundsätzlich hat jeder die Möglichkeit, ein gültiges Testament selbst zu schreiben. Jedoch gibt es einige Punkte die einerseits bei der Form und andererseits inhaltlich zu beachten sind. Bei den formalen Kriterien ist zu beachten, dass das Testament vollständig selbst handschriftlich geschrieben wird; die Unterschrift unter ein am Computer verfasstes Dokument reicht nicht aus. Ein solches Testament wäre nicht wirksam. Wenn zwei Ehegatten ein gemeinsames Testament errichten, das eine Person handschriftlich schreibt und die andere Person unterschreibt, ist es für den Partner, der nur unterschreibt, nicht gültig. Ein weiterer häufiger Fehler liegt darin, dass ein Testament aus mehreren losen Seiten besteht. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist ein solches Testament in der Regel ungültig. Daher empfiehlt es sich, mit der Erstellung des Testaments eine Person zu beauftragen, die über das nötige Fachwissen verfügt. Zudem haben etwa Rechtsanwälte die Möglichkeit, das Testament in einem Verzeichnis zu registrieren, wodurch gewährleistet wird, dass das Testament im Verlassenschaftsverfahren vorgelegt wird.
Neben den zahlreichen formellen Mängeln, besteht bei der Testamentserrichtung ohne die Beiziehung eines Rechtsvertreters die Gefahr, dass ein Ergebnis erzielt wird, das nicht beabsichtigt war. Eine sinnvolle testamentarische Regelung kann nur erfolgen, wen die gesetzlichen Regelungen bekannt sind. Zunächst ist zu überlegen, wer der Erbe oder die Erben werden sollen. Diese Person oder diese Personen bekommen grundsätzlich das gesamte Vermögen sowie die Schulden des Verstorbenen. Bei mehreren Personen ist zu beachten, dass diese, wenn sie sich nicht einigen, jeweils gemeinsame Eigentümer jeder einzelnen Sache werden. Jedem gehört dann ein Drittel des Buches, des Autos und des Hauses. Solche Konstellationen bringen ein hohes Streitpotential mit sich, weshalb zu überlegen ist, ob andere Regelungen sinnvoller sind.
Jedenfalls müssen bei der Erstellung des Testaments die Pflichtteilsansprüche beachtet werden. Nach dem österreichischen Erbrecht haben Nachkommen und der Ehegatte/eingetragene Partner einen Anspruch auf einen Teil des Erbes. Die prozentuelle Höhe des Anspruchs vom Vermögen hängt davon ab, welche Personen es gibt, die einen Pflichtteilsanspruch haben. Wenn ein Ehepartner und zwei Kinder vorhanden sind, hat – ohne Testament – jeder Anspruch auf 1/3 des Vermögens. Der Pflichtteilsanspruch beträgt jeweils die Hälfte davon, also im genannten Fall 1/6 des Vermögens. Die Pflichtteilsansprüche können nicht dadurch umgangen werden, dass das gesamte Vermögen vor dem Tod etwa an ein Kind oder den Ehepartner verschenkt wird. Die anderen pflichtteilsberechtigten Personen (Kinder, Ehepartner) können vom Beschenkten einen Anteil verlangen. Wenn als einziger Vermögenswert ein Haus vorhanden ist und man dem Ehepartner das Haus vor oder nach dem Tod überlassen möchte, sollte an die Pflichtteilsansprüche gedacht werden. Den Ehepartnern sollte bewusst sein, dass die Kinder den überlebenden Partner klagen können, um ihren Pflichtteil zu erhalten.
Damit Streitigkeiten nach dem Tod vermieden werden, kann es Sinn machen, pflichtteilsberechtigte Personen bereits vor dem Tod etwas zu überlassen, wenn sie im Gegenzug auf ihren Pflichtteilsanspruch verzichten. Dadurch erhalten die Kinder früher etwas – wenn sie das Geld meist für die eigene junge Familie benötigen – und der überlebende Ehepartner wird vor einer Klage durch die Kinder geschützt.
Ein anderer Fehler bei der Testamentserrichtung kann sich in Fällen ergeben, in denen ein Kind vor dem Tod zahlreiche Schenkungen erhalten hat und daher gegenüber dem anderen Kind begünstigt wurde. Wenn sich die Mutter der Kinder denkt, kein Testament errichten zu müssen, weil ihre Kinder von dem was noch da ist, jeweils die Hälfte erhalten sollen, kommt es im Ergebnis genau zum Gegenteil. Ohne ein Testament kann das weniger begünstigte Kind verlangen, dass die Schenkungen vor dem Tod an die Schwester oder den Bruder berücksichtigt werden müssen. Wenn beispielsweise EUR 100.000 verschenkt wurden und EUR 100.000 nach dem Tod aufzuteilen sind, bekommt das zu Lebzeiten beschenkte Kind nichts mehr, weil es sich die EUR 100.000 anrechnen lassen muss. Der Gesetzgeber vermutet, dass Eltern ihre Kinder nicht ungleich behandeln wollen, wenn nichts Gegenteiliges festgehalten wurde. Wenn hingegen ein Testament verfasst wird, in dem beide Kinder zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt werden, vermutet der Gesetzgeber, dass eine Anrechnung der Schenkung nicht erfolgen soll. Bei Erstellung eines Testaments erhalten daher beide Kinder vom übrigen Vermögen jeweils die Hälfte. Das wären im vorherigen Beispiel jeweils EUR 50.000, womit auch die Pflichtteilsansprüche des Kindes abgedeckt sind, das vor dem Tod der Mutter keine Schenkung erhalten hat.
Derartige Fälle zeigen, dass die Erstellung eines Testaments oder der bewusste Verzicht darauf, Folgen haben kann, die vom Verstorbenen gerade nicht beabsichtigt waren. Aufgrund der individuellen Umstände in jedem Fall sollte jedenfalls vor der Erstellung eines Testaments eine rechtliche Beratung in Anspruch genommen werden. Um eine optimale Regelung für Ihre konkrete Situation zu finden, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
18.10.2024
Dr. Sarah Korn