Wenn sich Eltern trennen, stellt sich regelmäßig die Frage, in welcher Höhe für das Kind ein Unterhalt (früher Alimente) bezahlt wird. Die Gerichte haben für die Berechnung der Höhe des Unterhaltsanspruches Formeln entwickelt, durch die in einfachen Fällen relativ leicht der Unterhaltsanspruch berechnet werden kann. Jedoch müssen oft besondere Umstände berücksichtigt werden. Zudem gibt es Fallstricke, auf geachtet werden muss.
Wie hoch ist der Unterhaltsanspruch?
Am einfachsten ist die Berechnung, wenn das Kind hauptsächlich durch einen Elternteil betreut wird und der andere Elternteil ein regelmäßiges Einkommen als Arbeitnehmer bezieht. In solchen Fällen ist je nach Alter des Kindes und weiteren Unterhaltspflichten ein bestimmter Prozentsatz vom Arbeitseinkommen zu zahlen. In Österreich ist zu berücksichtigen, dass die meisten Arbeitnehmer Anspruch auf ein 13. und 14. Gehalt haben, wodurch sich der Unterhaltsanspruch des Kindes erhöht. Wenn ein Unterhaltsschuldner Zahlungen nicht versteuert (Schwarzgeld), sind diese dennoch bei der Berechnung zu berücksichtigen. In solchen Fällen ist es wichtig, Beweise für die Nebentätigkeit zu sammeln. Bei selbstständigen Erwerbstätigen dient als Ausgangspunkt meist der Durchschnittswert der letzten drei Wirtschaftsjahre.
In einem ersten Schritt wird das Jahreseinkommen des Unterhaltspflichtigen inkl. 13. und 14. Gehalt berechnet und anschließend auf 12 Monate gleichmäßig verteilt. Von diesem Betrag steht dem Kind ein gewisser Prozentsatz zu. Nach der Rechtsprechung sind folgende Prozentsätze anzuwenden:
bis zum 6. Geburtstag 16 %
6 bis 10. Geburtstag 18 %
10 bis 15. Geburtstag 20 %
ab dem 15. Geburtstag 22 %
Bei weiteren Unterhaltspflichten reduziert sich der Prozentsatz für ein weiteres Kind unter 10 Jahren um 1 %, für ein weiteres Kind über 10 Jahren um 2 %. Zudem kann bei einer Unterhaltspflicht für einen Ehepartner (nicht für Lebensgefährten) ein Abzug bis zu 3 % gerechtfertigt sein.
Wenn weitere Unterhaltspflichten zu berücksichtigen sind, kann im Einzelfall von den Werten 1 % und 2 % abgewichen werden. Wenn der Bruder oder die Schwester bereits ein Eigeneinkommen etwa in Form einer Lehrlingsentschädigung bekommt, kann argumentiert werden, dass für diese Unterhaltspflicht nur 1 % abzuziehen ist (vgl LG Salzburg 21 R 130/09b). Dadurch erhöht sich der Unterhaltsanspruch eines Kindes, wenn der Bruder oder die Schwester zu arbeiten beginnt. Falls kein Unterhalt mehr für den Bruder oder die Schwerster zu zahlen ist, erhöht sich der Anspruch ebenso.
Wenn im Zuge der Trennung festgelegt wird, wie oft derjenige Elternteil das Kind zu sich nimmt, der es nicht hauptsächlich betreut, ist auch an die Unterhaltszahlungen zu denken. Beim Modell der Doppelresidenz, bei dem beide Eltern das Kind gleichmäßig betreuen, steht meist kein Unterhaltsanspruch in Geld zu, weil beide Eltern ihren Unterhalt durch Naturalleistungen (Betreuung und Erziehung) erbringen. Wenn ein Elternteil darauf angewiesen ist, dass er oder sie Unterhaltszahlungen für das Kind erhält, ist das Modell der Doppelresidenz keine optimale Lösung. Außerdem wird der Unterhaltsanspruch niedriger, wenn das Kind häufiger als im üblichen Ausmaß betreut wird. Je nach Anzahl der zusätzlichen Betreuungstage verringert sich die Unterhaltspflicht.
Zusätzlich zum regulären Unterhalt kann ein sogenannter Sonderbedarf zustehen. Dabei geht es etwa um Kosten einer Zahnspange oder einer besonderen Ausbildung des begabten Kindes.
Gibt es Ausnahmen von der Berechnung mittels Prozentwerte?
Nach oben hin gibt es einen Stopp bei der Unterhaltsleistung (sog Playboygrenze). Wenn der geldunterhaltspflichtige Elternteil überdurchschnittlich gut verdient, hat das Kind keinen Anspruch auf jenen Betrag, der sich durch die Berechnung der Prozentwerte ergibt. Die Höchstgrenze liegt bei Kindern bis zehn Jahren beim 2-fachen Durchschnittsbedarf, bei Kindern über zehn Jahren beim 2,5-fachen Durchschnittsbedarf. Der Durchschnittsbedarf ist ein allgemein festgesetzter Wert, der sich jährlich ändert.
Wenn ein Unterhaltspflichtiger ein geringes Einkommen hat und für mehrere Personen Unterhaltszahlungen leisten muss, kann der Unterhalt des einzelnen Berechtigten teilweise gekürzt werden. Ein Sonderfall besteht, wenn der Unterhaltspflichtige bewusst kein oder weniger Einkommen erwirtschaftet, damit die Unterhaltspflicht gering bleibt. In diesem Fall wird die Höhe des Unterhaltes anhand eines fiktiven Einkommens berechnet, dass der Unterhaltspflichtige erzielen könnte.
Wie lange muss Unterhalt geleistet werden?
Nach dem Gesetz gibt es keine fixe Altersgrenze, bis zu welcher Unterhaltszahlungen zu leisten sind. Es kommt darauf an, ob das Kind bereits einer beruflichen Tätigkeit nachgeht und sich dadurch sein Leben selbst finanzieren kann oder das Kind eine Ausbildung absolviert. Die sogenannte Selbsterhaltungsfähigkeit kann daher vor oder nach dem 18. Geburtstag eintreten. Der Unterhaltspflichtige sollte ab dem Ende der Schulpflicht regelmäßig nachfragen, ob eine Ausbildung absolviert wird. Als Unterhaltsberechtigter ist darauf zu achten, dass eine Ausbildung ernsthaft vorangetrieben wird, weil sonst der Unterhaltsanspruch verloren gehen kann. Bei einer Ausbildung reicht es also nicht, wenn diese bloß formell gemacht wird, es müssen Fortschritte nachgewiesen werden.
Wenn das Kind über ein gewisses Eigeneinkommen verfügt (zB Lehrlingsentschädigung), reduziert sich die Höhe des Unterhalts teilweise. Wie viel weniger Unterhalt zu zahlen ist, hängt auch davon ab, welche berufsbedingten Ausgaben ein Lehrling hat. Daher ist es wichtig, Rechnungen etwa für Kosten der Berufsschule aufzuheben, damit diese in einem Verfahren vorgelegt werden können.
Das Kind ist selbsterhaltungsfähig, wenn es ein monatliches Einkommen in Höhe des Ausgleichzulagenrichtsatzes zzgl. Sonderzahlungen bezieht (2025: € 1.410,52 mit Sonderzahlungen). Bei diesem Einkommen ist daher kein Unterhalt mehr zu zahlen.
Allerdings kann ein Kind selbsterhaltungsfähig sein und später wieder einen Anspruch auf eine Unterhaltsleistung haben. Es kann zum Wiederaufleben der Unterhaltspflicht kommen. Das ist möglich, wenn das Kind wenige Monate arbeitet und anschließend eine weiterführende Berufsausbildung absolviert. In diesen Fällen sind zusätzlich besondere Voraussetzungen zu prüfen wie beispielsweise, ob durch den Abschluss der Ausbildung voraussichtlich ein höheres Einkommen erzielt werden kann.
Die Berechnung des Unterhalts kann auf den ersten Blick relativ einfach erscheinen. Jedoch gibt es zahlreiche Sonderfälle, die im Einzelnen zu prüfen sind. Ich empfehle Ihnen daher, sich bereits vor der Einleitung eines Verfahrens zur Erhöhung oder Herabsetzung des Kindesunterhaltes ausführlich rechtlich beraten zu lassen, um anschließend die optimalen Schritte in Ihrem individuellen Fall zu setzen.
Für eine Rechtsberatung zum Unterhaltsanspruch stehe ich gerne zu Ihrer Verfügung.
Dr. Sarah Korn
05.03.2025