Um Steuern zu sparen, haben viele Eltern aus Anlaß der Steuerreform 2015 ihre Eigentumswohnungen oder sonstigen Immobilien gegen Vorbehalt der Nutzungen noch im Jahr 2015 übertragen/geschenkt, um die höhere Grunderwerbsteuer ab 1.1.2016 zu vermeiden.
In manchen Fällen kann sich die vermeintliche Steuerersparnis in eine unbeabsichtigte Steuervermehrung verwandeln. Nach einer Entscheidung des VwGH kann die Wohnungsschenkung nämlich zur Folge haben, dass spätere Zuzahlungen der Kinder zu den Kosten des Altersheimes der Eltern bei den Kindern nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt und daher nicht steuermindernd in der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden können.
In vielen Fällen müssen Kinder zu den Kosten der Betreuung der Eltern in einem Alters- oder Pflegeheim beitragen. Zivilrechtlich handelt es sich dabei um Unterhaltsleistungen; Kinder schulden ja den Eltern im Bedarfsfall gem. § 234 ABGB den Unterhalt.
Grundsätzlich sind Unterhaltsleistungen im Einkommensteuerrecht nicht abzugsfähig. Anders ist die Rechtslage, wenn die Zahlungen zur Deckung von Aufwendungen getätigt werden, die beim Unterhaltspflichtigen selbst, also beim pflegebedürftigen Elternteil, als außergewöhnliche Belastung anzusehen wären. Nach ständiger Verwaltungsjudikatur gilt dies für Kosten der Unterbringung in einem Altersheim, sofern die Unterbringung durch Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit verursacht wird. In diesem Fall sind die vom Kind geleisteten Unterhaltszahlungen in dessen Einkommensteuerveranlagung als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig und mindern dessen Einkommensteuer.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nun in einem Erkenntnis vom 21.11.2013 Zl 2010/15/0130 die Abzugsfähigkeit der Unterhaltszahlung beim Unterhaltspflichtigen verneint, weil sieben Jahre vor dem Veranlagungszeitraum eine Eigentumswohnung der Eltern dem später unterhaltspflichtigen Kind gegen Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechtes übergeben worden war.
Die Finanzbehörde (erster Instanz) hatte die Abzugsfähigkeit verneint, weil es in einem lange nach Schenkung erklärten Verzicht des Vaters auf das Wohnrecht einen Gegenwert erblickt hat. Der (damals zuständige) Unabhängige Finanzsenat hat der Berufung des unterhaltspflichtigen Sohnes teilweise Folge gegeben und ausgeführt, dass zwischen der Wohnungsübertragung und der nunmehrigen Unterhaltspflicht kein relevanter Zusammenhang bestehe.
Das Finanzamt hat gegen die Entscheidung des UFS Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben und recht bekommen. Der Bescheid des UFS wurde als rechtswidrig aufgehoben.
Der VwGH bejaht zunächst die für die Anerkennung als außergewähnliche Belastung relevanten Umstände (Krankheit, Pflegebedürftigkeit). Zu hinterfragen sei aber, ob die Belastung auch beim unterhaltspflichtigen Sohn zwangsläufig erwachsen sei.
Eine wesentliche Ursache für die Heimunterbringung sei zwar die Pflegebedürftigkeit des Vaters. Eine weitere wesentliche Ursache sei aber auch dessen Mittellosigkeit, sodass er nicht in der Lage sei, die erforderlichen Aufwendungen selbst zu decken. Und diese Mittellosigkeit sei durch das Verhalten des steuerpflichtigen Sohnes entscheidend mitverursacht worden, indem der Sohn die Schenkung des damals bereits 76-jährigen Vaters angenommen habe.
Bei einem Alters des Geschenkgebers von 76 Jahren müsse stets mit dem Eintritt einer Pflegebedürftigkeit gerechnet werden. Wenn die geschenkte Eigentumswohnung der einzige wesentliche Vermögenswert des Geschenkgebers war, sei diese Schenkung nicht anders zu beurteilen als die Übergabe gegen die Pflicht zur Erbringung von Pflegeleistungen. Auch im letzteren Fall sind ja die später tatsächlich erbrachten Unterhaltsleistungen nicht als außergewönliche Belastung abzugsfähig, weil sie nicht zwangsläufig erwachsen sind, sondern auf vertraglicher Vereinbarung beruhen und im Zusammenhang einer Gegenleistung. In beiden Fällen sei daher die Berücksichtigung der später tatsächlich erbrachten Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung beim Unterhaltspflichtigen ausgeschlossen.
Aus der vermeintlichen Steuerersparnis durch die vorgezogene Wohnungsübergabe kann auf diese Weise tatsächlich ein Steuernachteil entstehen, der den Vorteil weit übersteigen kann. Die Steuerersparnis bei Übertragung nicht allzu werthaltiger Eigentumswohnungen noch vor Inkrafttreten der „Grunderwerbsteuer neu“ bewegte sich ja oft im Bereich weniger hundert oder tausend Euro.
26.01.2016
Dr. Michael Gärtner